von Manuel Claus
Markus 10, 13-16: Jesus segnet die Kinder
Jesus ist mit seinen Jüngern unterwegs. Ich stelle mir vor, dass wie immer sehr viel Trubel um Jesus herum ist und ständig Menschen zu Jesus kommen und mit ihm reden wollen. So kommt auch eine Gruppe von Eltern zusammen mit ihren Kindern zu Jesus. Sie möchten, dass er ihre Kinder segnet. Doch die Jünger lassen die Eltern mit ihren Kindern nicht zu Jesus durch und weisen sie forsch zurück.
Was denken sich die Jünger nur dabei? Wieso sehen sie diese Geste, die die Eltern von Jesus einfordern als so hinderlich oder störend an? Warum versperren sie ihnen den Weg zu Jesus?
Zur Zeit Jesu galten Kindern im Allgemeinen als Segen und wunderbares Geschenk Gottes. Doch auf der anderen Seite zählten die jüdischen Gelehrten „Taubstumme, Schwachsinnige und Minderjährige“ zu ein und derselben Kategorie Mensch. Menschen, die nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind und deshalb nicht dazu in der Lage waren, die Geheimnisse geistlicher Dinge zu verstehen.
Gut möglich, dass das der leitende Gedanke war, den die Jünger hatten, als sie die Eltern mit ihren Kindern wegschicken wollten. Jesus war ihr Meister, der damit beschäftigt war, Menschen zu heilen, mit ihnen zu reden und über wichtige Glaubensfragen zu diskutieren. Dabei blieb ihrer Meinung nach keine Zeit für Kinder, die sowieso von alledem nichts verstanden und sonst auch nichts dazu beitragen konnten. Augenscheinlich hatten sie nichts, was Jesus hätte interessieren können.
Jesus jedoch weist seine Jünger ungewohnt deutlich zurecht. Er will, dass die Kinder zu ihm gebracht werden. Offensichtlich hat Jesus ein ganz anders Bild von Kindern und vor allem hat er zwischen dem ganzen Trubel, der Hektik und den hitzigen Diskussionen Zeit für sie. Er nimmt sich ganz bewusst Zeit für die, die sonst manchmal im öffentlichen Leben wenig Beachtung finden und dabei regelrecht unterzugehen scheinen.
Lasst die Kinder zu mir kommen heißt auch, lasst sie jetzt zu mir kommen. Nicht irgendwann später, wenn sie groß sind und die ganzen Sachen mit dem Glauben verstehen.
Seine Begründung dazu dürfte einige erstaunt haben: „Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen!“ (Mk. 10,15) Jesu Botschaft ist klar und unmissverständlich. Doch was haben Kinder an sich, was sie anscheinend so besonders für das Reich Gottes qualifiziert?
Könnt ihr euch noch an eure Kindheit erinnern? Welche Rolle Mama und Papa für euch in eurer frühen Kindheit gespielt haben?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wenn ich mich z.B. mal wieder beim Fußball spielen draußen im Garten verletzt hatte, ich immer zu meiner Mama gegangen bin. Sie hatte immer etwas, das geholfen hat und zu ihr bin ich gegangen, wenn mich jemand trösten musste. Oder wenn eins meiner Spielzeuge z.B. mein ferngesteuertes Auto kaputt war, dann bin ich zu meinem Papa. Denn, wenn er das nicht wieder in Ordnung bringen konnte, dann war das Spielzeugauto es tatsächlich kaputt.
Und vielleicht das Wichtigste: egal was passiert war, oder gerade passiert ist: in den Armen meiner Eltern hat mir das nichts mehr anhaben können. Zumindest war das immer mein Gefühl.
Genau auf dieses Gefühl des Geborgenseins und der kindlichen Abhängigkeit zu den Eltern zielt Jesus ab.
Objektiv gesehen sind Kinder mit Allem ganz am Anfang. Sie haben noch nichts, können noch nichts und sind angewiesen auf die eigenen Eltern.
Im Glauben geht es auch darum, dass wir immer wieder zurück zum Anfang müssen. Durch Neugeburt kommt man ins Reich Gottes, auch das sagt Jesus einmal. Es geht darum, Gott in Allem nötig zu haben und immer wieder mit leeren Händen staunend vor ihn zu kommen.
Ein Kind bittet und lässt sich so gerne beschenken und ein Kind kann sich nicht vorstellen, dass Papa und Mama etwas nicht können.
Das soll die Haltung unseres Glaubens Gott gegenüber sein. Um wieder so zu werden wie die Kinder, die uns Jesus als Vorbild gibt, müssen wir nichts anderes tun, als unsere kindliche Kleinheit Gott gegenüber anzuerkennen. Es geht dabei um innere Haltungen und Einstellungen, die wir uns wieder angewöhnen müssen, wenn wir sie verlernt haben: ein anspruchsloseres Denken; ein Akzeptieren unserer Schwachheit und Hilfsbedürftigkeit, gekoppelt mit der Bereitschaft, uns von Gott beschenken zu lassen.
Das ist das Zentrale, das wir aus dieser Geschichte mitnehmen können. Und zwar nicht als Appell oder mahnende Aufforderung, sondern als Zuspruch.
Wie Kleinkinder das Laufen lernen, so dürfen auch wir lernen im Glauben und im Vertrauen auf Gott zu wachsen und Glaubensschritte zu machen. Wo Fehler passiert sind, wir zu wenig vertraut haben oder sprichwörtlich hingefallen sind, geht es darum wieder aufzustehen. Auch wenn die nächsten Schritte wacklig sind. Es geht darum weiterzugehen. Und diese nächsten Schritte dürfen wir im Vertrauen darauf machen, dass Gott uns als liebender Vater immer wieder aufs Neue auf die Beine hilft und wir nie tiefer fallen können als in seine Arme.
Die Sache mit dem Glauben ist doch eigentlich ganz einfach – einfach nur kindisch.
Im letzten Vers wird uns erzählt, dass Jesus die Kinder auf seine Arme nimmt und sie segnet. Segnen heißt wörtlich übersetzt „gut von jemandem reden“ oder auch „gut über jemanden reden“. Ich stelle mir dabei vor, wie Jesus jedes einzelne der Kinder in den Arm nimmt und ihm über den Kopf streichelt. Dabei sagt er jedem der Kinder etwas ganz persönliches und er spricht Gutes über das Leben jedes Einzelnen aus.
Was für ein schönes Bild, mit dem diese kurze Geschichte schließt.
Ja es gibt viele Dinge, über die es sich lohnt nachzudenken und zu diskutieren. Es lohnt sich auch, dass wir uns immer wieder selbst hinterfragen und an uns arbeiten wollen. Allerdings worum es im Glauben wirklich geht ist im Endeffekt ganz einfach – und zwar einfach kindisch !!!
Wir sind Gottes geliebte Kinder. Leben wir auch so! Amen